Die Handballer des TSV Neuhausen II halten Abstand, haben aber dennoch einen Weg gefunden, auf den Aufstieg in die Bezirksklasse anzustoßen. BILD: Marco Schwab

Ohne Balkonsturm und Bierdusche

Nach dem Abbruch der Handballsaison feiern die Meister virtuell und manche Teams entrinnen dem Abstieg

Kreis Esslingen. Für die Handballer des TSV Neuhausen ist es dumm gelaufen. Sie wurden durch den vorzeitigen Abbruch der Saison und die Entscheidungen der Verbände über die Auf- und Abstiegsregelungen der Chance beraubt, durch Tore und Siege noch den Wiederaufstieg in die 3. Liga zu schaffen. Andere Teams in der Region profitieren, weil sie nicht absteigen müssen. Wieder andere freuen sich über die Meisterschaft, müssen die große Sause aber verschieben beziehungsweise vorübergehend virtuell feiern.

Zunächst war die Frage offen, ob der Handball-Verband Württemberg (HVW) seine geplante Strukturreform mit der Einführung einer eingleisigen Württembergliga und der Rückkehr der Verbandsliga durchziehen würde. Es bleibt dabei, auch wenn einige betroffene Vereine das bundesweite Prinzip „keiner steigt ab“ durch die Einteilung in die Verbandsliga nicht als stringent eingehalten sehen. Gerüchten, die Tabellenletzten der Württembergliga müssten wie ursprünglich geplant runter in die Landesliga, tritt Wolfgang Stoll, der Vorsitzende des Bezirks Esslingen-Teck entgegen: „Es wird keine Absteiger geben, das ist Fakt.“ Den Gang in die Verbandsliga sieht der Verband nicht als Abstieg.

Ein Überblick über die Auswirkungen auf die Teams der Region:

3. Liga

Die Männer des TV Plochingen und die Frauen des TV Nellingen stehen eigentlich auf einem Abstiegsplatz. Weil es aber keine Absteiger gibt, treten sie auch in der kommenden Saison in der dritthöchsten Spielklasse an. „Wir wollen zeigen, dass wir zurecht in der Liga bleiben durften“, sagt TVN-Trainerin Veronika Goldammer und ist wie ihr Plochinger Kollege Michael Schwöbel guten Mutes, dass ihr jeweiliges Team in der kommenden Saison eine ordentliche Rolle spielen wird. Die Frauen des TSV Wolfschlugen waren als Sechste ohnehin alle Sorgen los.

Baden-Württemberg Oberliga

Der TSV Neuhausen war während der Saison mal mehr und mal etwas weniger auf Kurs Wiederaufstieg in die 3. Liga. Ausgerechnet am letzten durchgeführten Spieltag rutschte die Mannschaft durch eine Niederlage in Herrenberg vom Aufstiegsplatz zwei auf den undankbaren dritten Rang. Auf diesem liegt sie auch nach der Quotientenregelung, die als Grundlage für die Schlusstabelle genommen wird. „Ich bin überhaupt nicht böse auf irgendjemanden“, nimmt Neuhausens Trainer Markus Locher die Sache sportlich fair, „es ist völlig in Ordnung, wie die Entscheidung gefallen ist und es ist logisch, dass da manche Vereine glücklicher und manche unglücklicher sind.“ So nehmen die Neuhausener in der kommenden Saison einen neuen Anlauf. Laut Locher ist erst einmal Trainingspause, die Vorbereitung soll so bald beginnen, wie es möglich ist.

Die Frauen des TV Nellingen II sind dagegen im Glück. Obwohl sie punktlos auf dem letzten Tabellenplatz stehen, profitieren sie davon, dass es keine Absteiger gibt. Zwar gingen die Planungen in Nellingen längst in Richtung Württemberliga, der Verein will sich jedoch die Zeit bis zum Meldeschluss am 15. Mai nehmen und tendiert nach Aussage von Funktionär Bernd Aichele dazu, es noch einmal in Liga vier zu versuchen.

Württembergliga

Den Sprung in die eingleisige Württembergliga schaffen die Teams, die höchst wahrscheinlich auch dabei gewesen wären, wenn die Saison regulär zu Ende gespielt worden wäre: Bei den Männern sind das der TSV Wolfschlugen und der TSV Deizisau , bei den Frauen der TV Reichenbach und die HSG Deizisau/Denkendorf , die dann als TSV Denkendorf auflaufen wird.

Verbandsliga

Die Verbandsliga kommt und wird in der kommenden Saison zur EZ-Land-Superliga. Bei den Männern sind sechs Mannschaften aus der Region dabei, es wird also viele spannende Derbys geben. Aus der Württembergliga kommt die HSG Ostfildern und auch die SG Hegensberg/Liebersbronn , die durch den Saisonabbruch nicht mehr um den Klassenverbleib kämpfen muss. Dazu sind die bisherigen Landesligisten TSV Köngen , TV Reichenbach , TSV Denkendorf und Team Esslingen dabei. Bei den Frauen wird lediglich der bisherige Württembergligist TSV Köngen Verbandsligist.

Für die Meister Köngen (Staffel 2) und Reichenbach (Staffel 3) fühlt sich die Sache ein bisschen komisch an. „Den Rathausbalkon werden wir nicht stürmen“, sagt TVR-Coach Volker Haiser, „es wird Meister-T-Shirts geben und wir werden uns in den sozialen Medien präsentieren.“ Eine „echte“ Feier soll nachgeholt werden, wenn es wieder möglich ist. Sportlich ist Haiser hoch zufrieden mit der Saison: „Sie war phänomenal, wir haben von unserem großen Kader profitiert. Wir haben insgesamt 23 Spieler eingesetzt und immer unser Niveau gehalten.“

Das war bei den Köngenern nicht ganz so. „Die Saison hat sehr gut begonnen, dann hatten wir krasse Rückschläge, dann aber wieder überragende Spiele wie der Sieg im Derby gegen Denkendorf vor vollen Rängen“, sagt Coach Simon Hablizel. „Insgesamt haben das die Jungs super gemacht, sie haben immer mehr Lust auf die Saison bekommen.“ Bis sie abrupt vorbei war. Auch die Köngener haben die Meisterschaft mit einem „virtuellen Mannschaftsabend“ (Hablizel) gefeiert. „Emotional war das schon komisch, die Bierdusche und der Korso durch Köngen haben einfach gefehlt“, erklärt der Trainer.

Hablizel ist persönlich sehr zufrieden, wie alles gelaufen ist: Er ist mit seinen Köngenern in der kommenden Saison in der Verbandsliga dabei und kommt in keinen Gewissenskonflikt, weil er als Spieler vom künftigen Ligakonkurrenten Hegensberg/Liebersbronn nach Wolfschlugen wechseln wird. Haiser dagegen hält nicht mit seiner Meinung hinter den Berg, dass er es für unglücklich hält, dass der HVW die Strukturreform wie geplant durchführt: „Der HVW hätte das über zwei Jahre ziehen und erst eine Verbandsliga-Staffel mit den Landesligaaufsteigern einführen sollen“, sagt er, „denn durch die Mannschaften, die von der Württembergliga kommen, kann man sagen, dass es in ganz Deutschland keine Absteiger gibt, nur hier.“ Er vermutet, dass sich einige Vereine wehren werden. Mit seiner Mannschaft freut sich Haiser auf die neue Liga mit vielen Derbys und weniger weiten Fahrten.

Landesliga

Kein einziges Männerteam aus der Region ist in der kommenden Saison in der Landesliga dabei, die Frauen der SG Hegensberg/Liebersbronn profitieren vom Abbruch und bleiben als Vorletzter drin.

Bezirksliga

Auch in der Bezirksliga gibt es Vereine, die durch das vorzeitige Saisonende drinbleiben: der TV Altbach bei den Männern als Vorletzter und die HSG Deizisau/Denkendorf II , künftig unter dem Dach des TSV Deizisau, bei den Frauen als Letzter.

Bezirksklasse

Der TSV Neuhausen II hat seine virtuelle Meisterschaftsfeier bereits hinter sich. Nach einem Jahr in der Kreisliga A ist das Team von Trainer Marco Schwab zurück in der Bezirksklasse. „Wir sind nach dieser grandiosen Saison glücklich und haben natürlich streng nach Vorschrift auf den Titel angestoßen“, erklärt der Coach.   Sigor  Paesler/Esslinger Zeitung

 

Mit freundlicher Genehmigung der Esslinger Zeitung

 

 

 

 

 

Neues aus der EZ zum Ende des Handballspielbetriebes im Kreis